Kein Müll ins Klo:

Wie Sie abgelaufene Medikamente, Farbreste, Abschmink-Pads und Co. richtig entsorgen

Wohin bloß damit: Abgelaufene Tabletten oder alter Hustensaft, bröselige Farbe oder Verdünner, Speisereste oder Frittierfett? Eins steht fest: All das gehört nicht ins Klo. Sollte eigentlich jedem klar sein. Unsere Fachleute wissen aber: Im Abwasser landet zu viel Müll. Doch Müll im Klo schadet unserer Gesundheit, unserer Natur und nicht zuletzt auch unserem Geldbeutel. 

Ein großes Problem für die Kläranlagen sind Feuchttücher. Deren Verbrauch ist in den letzten Jahren immer mehr geworden – ebenso wie die Produktpalette: Ob Feuchttücher für den Baby-Popo, zum Make-up-Entfernen und zur Gesichtspflege, ob feuchte Waschlappen, Allzwecktücher oder Bodenwischtücher. Wer diese gedankenlos in die Toilette wirft, kann immense Schäden anrichten. Denn durch die Reißfestigkeit dieser Tücher – eigentlich deren Qualitätsmerkmal – können die Kanäle und die Abwasserpumpen verstopfen. „Das liegt daran, dass die Tücher im Kanal und von den Pumpen, wenn überhaupt, nur unvollständig zerkleinert werden. Folglich können sie auf der sogenannten Kanalsohle liegen bleiben oder in einer Abwasserpumpe den schmalen Spalt zwischen Laufrad und Pumpengehäuse blockieren“, erklärt Joachim Wittau, Abteilungsleiter für den Bereich Kläranlagen und Sonderbauwerke bei der InfraStruktur Neuss (ISN). Deshalb hat die Kanalisation ordentlich zu kämpfen damit. Sein Rat: Feuchttücher über den Hausmüll entsorgen.

Medikamente im Klo schaden uns allen

Eine ganz andere, aber ebenfalls gefährliche Belastung fürs Abwasser sind Medikamente: Wer gedankenlos alte Pillen oder Flüssigarzneien ins Klo schüttet, schadet uns allen. Denn Kläranlagen können nicht alle im Abwasser enthaltenen Substanzen zurückhalten bzw. restlos entfernen. Der Rat der Fachleute: Alte Medikamente gehören in die Restmülltonne. Oder einfach mal in der Apotheke nachfragen: Manche nehmen die abgelaufenen Arzneien auch zurück. Und noch ein Tipp: Nur die Verpackungsgröße kaufen, die auch akut benötigt wird.

Ganz besonders schädlich fürs Abwasser sind alle Reste vom Streichen und Lackieren. Farbe, Lacke, Leim, Pinselreiniger und Verdünner gehören weder ins Waschbecken noch ins Klo und auch nicht in den Gulli. Die Inhaltsstoffe dieser Chemikalien sind schädlich für die Umwelt. Denn auch sie können in der Kläranlage nur zum Teil entfernt werden und gegebenenfalls sogar die Reinigungsprozesse im Klärwerk beeinträchtigen. Und das kann niemand wollen, dass diese gefährlichen Reste nach den drei Reinigungsstufen in den Kläranlagen im Rhein landen. Daher: Chemikalien gehören über das Schadstoffmobil entsorgt.

Fette im Abwasser verstopfen die Kanalrohre

In den Restmüll und keineswegs in die Toilette gehören auch Frittierfett oder andere Speiseöle. Denn die Fette kühlen auf dem Weg durch die Rohrleitungen ab und setzen sich fest. Mit der Zeit häufen sich so die Fettschichten in den Kanalrohren an. Folge: Die Kanäle verengen und die Fettrückstände sind sogar mittels modernster Rohrreinigungsverfahren kaum zu entfernen. Immense Kosten verursacht das bei der Kanalreinigung. Zudem können unangenehme Gerüche entstehen, weil das Wasser nicht richtig abfließt. Um das zu vermeiden, am besten die großen Plastikflaschen, in denen das Frittieröl zu kaufen ist, aufbewahren und zum Entsorgen das kalte Fett zurückkippen und über die Restmülltonne entsorgen.

Speisereste ziehen Ratten an

Auch Speisereste gehören nicht ins Klo oder den Abfluss. Das zieht Ratten an. Und diese Tiere will wohl keiner mit seinem Müll im Abwasser bis zum Hausanschlusskanal anlocken. Daher: Besser die Speisereste mit einem Krepptuch aufsammeln und ebenfalls in die Restmülltonne werfen. Manche Essensreste können auch über den Biomüll entsorgt werden.

Zahlen, Daten, Fakten:

16 Millionen Kubikmeter Abwasser fallen pro Jahr in Neuss an

Zugegeben: Kanalisation ist duster, glitschig, dreckig und stinkig. Sie ist aber auch komfortabel, hygienisch und nachhaltig. Denn Abwasser ist kein Müll, sondern Ressource. Das will auch der Weltwassertag, der seit 1993 jährlich am 22. März begangen wird, in diesem Jahr thematisieren. Anbei ein paar Daten und Fakten zur Abwasserwirtschaft in Neuss:

  • 99 Prozent der Bevölkerung sind an die Kanalisation angeschlossen.
  • 840 Kilometer lang ist das unterirdische Kanalnetz, das zu den beiden Kläranlagen Neuss-Ost und Neuss-Süd führt.
  •   Rund 16 Millionen Kubikmeter Abwasser werden pro Jahr in den Neusser Klärwerken in mehreren Stufen aufwendig zuerst mechanisch, dann biologisch gereinigt.
  •  Über 150 sogenannte Sonderbauwerke – dazu zählen beispielsweise Pumpstationen, Regenrückhaltebecken, sowie Regenüberlauf- und Regenklärbecken – sorgen dafür, dass das Abwasser schadlos und zuverlässig zu den Klärwerken weitergeleitet, oder aber im Falle der Regenklärbecken vor der Einleitung in ein Gewässer vorbehandelt wird.

Duschvorhang übers Abwasser entsorgt

Manchmal können sich die 78 Mitarbeiter auf den beiden Klärwerken der Stadt Neuss nur wundern, was über den Abfluss entsorgt wird. So wie ein Duschvorhang, der eine Pumpe blockiert hatte. Das kann dann auch zur richtig ekligen Angelegenheit werden. Wittau erinnert sich: „Der Duschvorhang hatte sich um das Laufrad der Pumpe gewunden und musste per Hand entfernt werden. Das war für die Mitarbeiter eine unangenehme und anstrengende Arbeit.“

Abwasser pro Tag so teuer wie ein Frühstücksei

„Wir können zwar sämtliche Schadstoffe aus dem Abwasser rausholen, aber diese Prozesse müssen auch wirtschaftlich bleiben“, erklärt Wittau. Denn beim Thema Abwassergebühr reagieren Verbraucher schnell empfindlich. „Trinkwassermenge gleich Abwassermenge“ – nach dieser einfachen Formel errechnet sich der Preis für die Abwasserentsorgung. Dieser liegt in Neuss derzeit bei 2,92 Euro für einen Kubikmeter Abwasser. „Dafür bekomme ich gerade mal einen Kasten Mineralwasser mit neun Litern im Supermarkt“, rechnet Wittau gegen. „Für denselben Preis entsorgen und bereiten wir aber 1.000 Liter Abwasser auf.“ Dahinter steht ein umfassender Service: Die ISN hält die gesamte Infrastruktur vor, um jegliches Abwasser automatisch abzuführen, aufwendig zu reinigen und schließlich Rhein oder Erft und damit letztlich dem Grundwasser wieder zuzuführen. Dafür zahlt jeder Verbraucher durchschnittlich 35 Cent pro Tag – gerade mal so viel wie für ein Frühstücksei. Und das für einen Wasserkreislauf, der nachhaltiger nicht sein könnte.

Ihre Bärbel Broer, freie Journalistin und Autorin des Stadtwerke-Magazins

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