So wird eingeparkt!

Im letzten Sommer erntete ein kurioses Video im Internet fast zwei Millionen Mal Lacher, Kopfschütteln und Bedauern: Eine Autofahrerin versucht darin ihren Kleinwagen in eine großzügige Parklücke zu setzen. Nach zahlreichen, teils erfinderischen Versuchen fährt sie entnervt weiter. (hier geht's zum Youtube-Clip). Wie man – Verzeihung – wie frau so etwas richtig macht, zeigt uns Busfahrerin Annette Albrecht von den Neusser Verkehrsbetrieben.

„Wir fahren äußerst selten rückwärts, weil wir es einfach nicht müssen“, erzählt Annette Albrecht vor unserer ungewöhnlichen Aktion: einen Linienbus rückwärts einparken. Geht das? „Das geht, na klar. Wir machen das aber nur mit Einweisern, weil es beim Zurücksetzen zu viele Tote Winkel geben kann. Da gehen wir auf Nummer sicher. Nicht umsonst gibt es hierzu auch eine gesetzliche Vorgabe“, gibt die erfahrene Busfahrerin zu bedenken. Das gilt auch für unseren Test auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke Neuss an der Moselstraße.

Handy? Internet? Busfahren!

Wir markieren mit einem Pkw und einem Linienbus eine Parklücke, ungefähr 25 Meter lang, in diese soll Annette Albrecht den WLAN-Bus einparken. Der Dreiachser misst wie alle Gelenkbusse der Verkehrsbetriebe 18 Meter. „Das Fahren ist ungefähr so, als ob man einen Anhänger an seinem Pkw hat. Schlägt das Heck aus, muss ich als Fahrerin entsprechend gegensteuern“, erklärt die 49-jährige.

Souverän rückwärts parken mit Annette Albrecht

Als sie ihren Busführerschein absolvierte, waren Handys nur was für reiche Dandys und auch das „Internet“ kannte kaum jemand. Heute sitzt sie in einem Linienbus, der das World Wide Web mit an Bord hat. Obwohl sie so lange fährt, muss sie wie ihre Kollegen alle fünf Jahre zur turnusmäßigen Schulung und Auffrischung ihrer Fahrkenntnisse. Auch nach über 25 Jahren. „Angefangen habe ich 1990, weil ich gerne Autofahre. Was ich heute übrigens nur noch mit größeren Fahrzeugen tue“, lacht Annette Albrecht, „‚normale’ Pkw sind mir einfach zu klein. Wir haben damals extra unseren Kadett Kombi verkauft und einen Minivan angeschafft.“ Wahrscheinlich eine Berufskrankheit?

Ein schöner Job

Seit 2009 ist die gebürtige Reuschenbergerin als eine von vier Busfahrerinnen für die Stadtwerke Neuss im täglichen Einsatz. Ein schöner Beruf, wie sie sagt. Jeder Tag ist anders und mit den Fahrgästen geht sie gerne um. Auch, wenn es hier und da mal jemand mit dem Übermut übertreibt, Annette Albrecht bleibt cool. Kann sie auch. Überwiegend sind die Fahrgäste freundlich und bedanken sich für die ruhige und souveräne Fahrweise.

So parkt frau einen Bus

Für das Einparken braucht sie übrigens nur die Rückwärtsgang-Automatik, die Servolenkung und natürlich die asymmetrisch angeordneten Außenspiegel des Linienbusses. Der ganze Prozess dauert keine zwei Minuten. Es geht langsam, aber stetig rückwärts. Ohne Hektik lenkt Annette Albrecht den Linienbus und bewegt ihn souverän in die Parklücke, als ob es das Einfachste auf der Autofahrer-Welt wäre. Ob dieses Video von der Aktion zwei Millionen Klicks einfährt, glauben wir zwar nicht. Aber die Gewissheit, solche Könner wie Annette Albrecht an den Lenkrädern unserer Linienbusse zu haben, ist um ein Vielfaches besser.

Ihr Lothar Wirtz, freier Journalist und Autor für das Stadtwerke-Magazin

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