Sprit sparen, Umwelt und Nerven
schonen mit EDV-System in Bussen

Eigentlich weiß es jeder Führerschein-Inhaber: Kavalierstarts, Vollbremsungen sowie hochtouriges Fahren kosten unnötig Sprit. Dennoch hat nicht jeder einen vorausschauenden Fahrstil. Dabei schont spritsparendes Fahren nicht nur die Umwelt und den Geldbeutel, sondern auch die Nerven. Deshalb haben die Stadtwerke Neuss ein EDV-basiertes System in allen 84 Bussen installiert, das die Busfahrer zum Spritsparen im öffentlichen Nachverkehr anhalten soll. Der Clou dabei: Wer besonders vorausschauend und spritsparend fährt, erhält einen Bonus. Bis zu 240 Euro pro Jahr kann sich jeder Busfahrer so hinzuverdienen.

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Signale warnen Fahrer bei zu hohem Sprit-Verbrauch

Für rund 120.000 Euro wurde die Software für alle Busse der Stadtwerke Neuss angeschafft. „Es ist ein kleiner Rechner, der Zugriff auf die Datenleitung im Fahrzeug hat“, erklärt Diplom-Ingenieur Florian Stein. LED-Lichter sowie akustische Signale warnen die Fahrer, wenn sie zu hohen Spritverbrauch haben. „Im September 2018 haben wir das System nach einem Probebetrieb ‚scharf’ geschaltet“, so der Leiter der Abteilung Technik und Materialwirtschaft. Zum Ende des vergangenen Jahres wurden die Busfahrer aufgefordert, ihr Feedback zum Spritspar-Modell abzugeben. „Die Antworten waren sehr unterschiedlich“, so Stein. Die einen nervte das ständige Piepsen, andere bemängelten, dass das System zu empfindlich reagiere, und wieder andere waren von den kleinen Rechnern begeistert. „Diese Rückmeldungen haben wir an den Hersteller der Software weitergeleitet, dann wurde in den jeweiligen Fahrzeugtypen entsprechend nachgebessert und seitdem gibt es immer seltener Klagen“, lautet das Resümee von Florian Stein.

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Teilnahme der Busfahrer an dem Modell ist freiwillig

Seit Januar 2019 werden für jeden einzelnen Fahrer die Daten zu ihrem Fahrstil erfasst. Mit einem eigenen Schlüssel authentifiziert sich jeder Fahrer in den verschiedensten Bussen der Stadtwerke Neuss. Die Teilnahme daran ist freiwillig. Etwa 90 Prozent der rund 140 Busfahrer machen aber mit, so Florian Stein. Kein Wunder: Ist die Teilnahme doch mit einem Bonifikationssystem verbunden. Will heißen: Wer besonders effektiv und spritsparend fährt, findet sich im „grünen Bereich“ der Datenerhebung wieder, sobald der individuelle Fahrstil zu mindestens 90 Prozent dem Spritsparmodell entspricht. Belohnt wird dies mit einem Euro auf 100 zurückgelegten Kilometern. 2000 gefahrene Kilometer sind die Höchstgrenze – also 20 Euro pro Monat. „Bis zu 240 Euro als Boni sind so pro Jahr möglich“, sagt Stein. Ausgezahlt wird der Bonus in Form von Gutscheinen.
Das System sieht nur Belohnung vor. Disziplinarische Maßnahmen für jene, die gar keine Boni erreichen, gibt es nicht. So ist es mit dem Betriebsrat vereinbart. Das Prinzip der Freiwilligkeit schaffe auch mehr Anreize, ist Stein überzeugt. „Schließlich ist die Fahrweise ja auch persönlichkeitsabhängig“, sagt er. „Manche sind gelassener oder haben den Ehrgeiz, keine Signale vom System zu erhalten. Andere nehmen den Stress beim Fahren in Kauf, fahren Vollgas, gehen stark in die Eisen und verbrauchen so aber auch mehr.“

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Sprit-Ersparnis bis zu 100.000 Litern pro Jahr möglich

Florian Stein hofft, dass mit dem neuen System rund fünf Prozent der Spritkosten eingespart werden können. „Bei 100.000 Litern Dieselkraftstoff, der etwa ein Euro netto kostet, wäre das eine Ersparnis von 100.000 Euro“, rechnet er vor. Die ersten Zahlen legen nahe, dass diese Rechnung aufgehen könnte: Im Vergleichszeitraum von Januar bis Juni 2019 ergab sich gegenüber den ersten sechs Monaten in 2017 ein Kraftstoffrückgang von rund 40.000 Litern. Danach würde sich die Anschaffung der EDV innerhalb von etwa zwei Jahren amortisieren – trotz Bonus-System.
Aber was das genau bedeutet zeigt folgendes Rechenbeispiel: Wenn man dann davon ausgeht, dass ein Diesel-PKW 6 Liter auf 100 Kilometern verbraucht kann man folgende Rechnung machen. Mit den 40.000 eingesparten Litern in 6 Monaten könnte ein PKW ca. 666.000 Kilometer fahren. Die Einsparung der ersten Monate auf ein Jahr hochgerechnet könnte man damit über 1,3 Millionen Kilometer fahren. Wenn man jetzt eine Erdrundung (40.070 KM) nimmt, könnte man mit der in einem Jahr eingesparten Dieselmenge 33 Mal die Erde umrunden.

Zudem kommt die Maßnahme der Umwelt zugute: „Gegenüber 2017 bedeutet das in 2019 bisher eine Ersparnis von 102 Tonnen CO2“, erklärt Stein.
Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz – diese zwei Ziele werden schon jetzt durch das neue System erreicht. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch weniger Stress beim Fahren ist ein weiteres Ziel. Dass auch dieses möglich ist, davon ist sogar die zuständige Berufsgenossenschaft VBG überzeugt. Sie hat den Förderantrag der Stadtwerke Neuss bewilligt und die Investition der neuen EDV-Technik mit 14.000 Euro gefördert.

 

Ihre Bärbel Broer, freie Journalistin und Autorin des Stadtwerke-Magazins

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