Elektro-Auto im Test:

Ideal als umweltfreundlicher City-Cruiser
 

Sie sind auffällige Hingucker: Die Elektroautos der Stadtwerke Neuss. Zwei Fiat, drei Golf und ein VW-Up sind täglich im Einsatz und schon von weitem als E-Mobile erkennbar. Auf den Autos prangen große grüne Steckdosen als Eye-Catcher sowie passende Aufschriften wie „Grüner Strom“ und „E-Mobilität für Neuss“. Jeder weiß sofort, die Stadtwerke-Mitarbeiter sind umweltfreundlich unterwegs. Doch wie praktisch sind E-Mobile tatsächlich? Ich will es wissen und fahre einen Elektro-Golf der Stadtwerke Neuss zur Probe.

740x590-Broer-E-Auto.jpgUm es gleich vorweg zu sagen: Ich bin kein Autofreak. Meine Ansprüche sind eher überschaubar. Verlässlich und sicher, mit geringem Verbrauch und einem gewissen Komfort muss ein Auto in erster Linie für mich sein. Flott und dynamisch sollte der Motor schon sein, aber ich brauche keinen Kavalierstart und auch keine Raserei auf der Autobahn jenseits der 200 Stundenkilometer. Mal sehen, ob der E-Golf diese Vorgaben erfüllen kann.

Nur 0,2 Prozent der Autos weltweit fahren elektrisch

Zugegeben: Meine Skepsis ist groß. Denn als Journalistin verfolge ich sowohl die politischen Diskussionen zum Thema E-Mobilität als auch die Berichterstattung zur Alltagstauglichkeit von E-Fahrzeugen. Folglich sind die Erwartungen eher gedämpft. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) werden derzeit nur zwei Millionen von rund einer Milliarde Autos weltweit elektrisch angetrieben. Das sind mal gerade 0,2 Prozent. Wen wundert’s? Denn abgesehen vom Hype um den für Otto-Normalverbraucher unerschwinglichen Tesla – die neuesten Nachrichten zum günstigeren Tesla-Model 3 über Produktionsprobleme und wachsende Verluste sind dagegen auch ernüchternd – überwiegt häufig die Kritik an der E-Mobilität: Elektro-Autos seien trotz Umweltprämie zu teuer, die Reichweite der Batterien zu gering, die Ladedauer zu lang und das Netz an Ladestationen zu überschaubar.

Theoretische Reichweite von 200 Kilometern

Auch Marc-Roger Püll, Mitarbeiter in der Abteilung Leitungsbetrieb / Technischer Kundendienst der Stadtwerke Neuss, sowie Fuhrparkleiter Reinhold Dorn geben mir bei der Einweisung in das neue Fahrzeug ein paar Warnungen mit auf den Weg. „Laut VW soll dieser Golf eine Reichweite von 200 Kilometern haben“, so Dorn. In der Praxis sehe das jedoch anders aus. Durch zusätzliche Verbräuche im Fahrzeug wie beispielsweise Fahrlicht, Heizung oder Radio sinke die Reichweite auf etwa 160 Kilometer, erklärt er. Aber auch dies sei eine theoretische Hochrechnung, so Püll. „Sie werden es ja beim Fahren merken“, meint er. Meine Skepsis wächst.

700x465-E-Golf-Stadtwerke.JPGWie ich den Wagen aufladen muss, haben die beiden schnell erklärt. Das gelbe Kabel liegt im Kofferraum, ein Stecker geht in die Ladestation, einer ins Auto. Anschließend den Wagen abschließen und nach etwa sieben Stunden ist der Golf „voll“ geladen. Beim Trennen des Kabels müsse ich aber eine bestimmte Reihenfolge beachten, warnt Püll. „Erst das Fahrzeug öffnen, dann den Stecker vom Wagen abziehen und danach erst von der Säule.“ Diese Reihenfolge sei wichtig. Andersherum funktioniere der Vorgang nicht, weil die Säule gesperrt sei, so Dorn.

Restlaufanzeige immer im Blick haben

Innen muss Püll nicht viel erklären. Alles sei wie in anderen Autos auch – abgesehen von der Restlaufanzeige, auf die ich ein besonderes Augenmerk haben soll. Zwar achte ich sonst auch auf die Tankanzeige. Doch wenn sich in meinem Auto der Zeiger gen Null bewegt, habe ich es meist nicht weit zur nächsten Tankstelle. Das ist beim E-Auto anders. Die Ladestationen in der Umgebung sollte man zumindest kennen. Zum einen natürlich bei den Stadtwerken Neuss vor Ort. Dort gibt es an der Moselstraße gleich zwei Ladestationen. Aber auch an meinem Wohnort in Kaarst gibt es welche vor dem Rathaus sowie auf dem Parkplatz eines Discounters in direkter Nähe zu meinem Büro.

Im Elektro-Auto wird regenerativ gebremst

Bevor ich meine Testfahrt starten kann, lerne ich noch ein wichtiges Detail. Ich solle die Rekuperation nutzen, rät Püll und weist mich ein, wie ich den entsprechenden Hebel in dem automatikgetriebenen Kfz bediene. „So spart man Energie beim Bremsen“, erklärt er. Später zurück im Büro erfahre ich durchs Googeln: Energie-Rückgewinnung hat in der Technik einen Namen – Rekuperation. Kurz erklärt bedeutet dies: Beim regenerativen Bremsen wandeln Elektrofahrzeuge Bewegungsenergie wieder in elektrische Energie um.
Das nötige Elektromobil-Wissen haben Marc-Roger Püll und Reinhold Dorn mir mit auf den Weg gegeben. Jetzt geht es ans Fahren. Püll erklärt: „Der Wagen zieht gut an, er ist in puncto Beschleunigung mit einem Sportwagen vergleichbar. Bei 150 Stundenkilometern ist aber Schluss, mehr schafft er nicht.“ Meine anfängliche Skepsis schwindet.

Geräuschloses Fahren macht Spaß700x465-Ladesaeule-Stadtwerke.JPG

Bevor ich das Gelände des Bauhofs der Stadtwerke Neuss verlasse, warnt Püll: „Achten Sie auf Fußgänger.“ Etwas irritiert schaue ich ihn an – innerlich denke ich: Hat er Vorurteile gegenüber Frauen am Steuer? Doch weit gefehlt. Sein Ratschlag ist ausgesprochen wichtig. Denn kaum lasse ich den Motor an, merke ich nicht einmal, dass er „an“ ist. Kaum ein Geräusch ist wahrnehmbar, auch beim Fahren nicht. Jetzt verstehe ich die Warnung von Marc-Roger Püll: Weder Fußgänger noch Radfahrer können mich hören.
Geräuschloses Fahren – daran könnte ich mich gewöhnen. Auch sonst macht die erste Tour Spaß. Schnell noch ein erster Halt beim Bäcker, dann geht es von Neuss nach Kaarst. Gestartet bin ich mit einer Anzeige von 165 Kilometern. Nach dieser kurzen Strecke habe ich gerade mal 15 Kilometer auf der Anzeige weniger. Am Abend geht es nach Tönisvorst. Eine Strecke von rund 25 Kilometern. Ich fahre zügig die Autobahnen. Der Wagen zieht gut an, aber – Püll hat Recht – bei 150 Stundenkilometern ist Schluss. Ich kann das Gaspedal treten, wie ich will – eine unsichtbare Bremse lässt mich nicht schneller werden. Am Zielort erschrecke ich aber schon: 97 Kilometer Restlaufzeit stehen auf der Anzeige. Eigentlich müssten dort 125 Kilometer stehen, doch offenbar ist der Stromverbrauch rasant bei höheren Geschwindigkeiten.

Hoher Verbrauch mit Licht und Heizung

Etwas unruhig werde ich bei dem Gedanken an die Rückfahrt. Wo könnte ich gegebenenfalls Aufladen? Was mache ich während dieser Zeit? Schließlich dauert ein Ladevorgang deutlich länger als das Tanken. Da kann ich nur hoffen, dass ich es ohne Ladevorgang zurück nach Neuss schaffe. Nach meinem Termin – es ist inzwischen gegen 21 Uhr, kalt und nass – starte ich die Rückfahrt. Die Scheiben beschlagen, ich muss die Lüftung anstellen sowie die Heckscheibenheizung. Im Nu wechselt die Anzeige von 97 Kilometern auf 85. Gefahren bin ich aber nur tatsächliche vier Kilometer. Nach weiteren elf Kilometern sinkt die Anzeige auf 65 Kilometer Restlaufzeit. Allmählich werde ich nervös. Ich mache die Lüftung aus sowie die Heckscheibenheizung. Die Anzeige springt zurück auf 80 Kilometer. Doch so ist das Fahren nicht möglich. Ich fühle mich an alte Käfer-Zeiten erinnert. Also wieder die stromfressenden Assistenzsysteme eingeschaltet. Kurz vor dem Kaarster Kreuz erhalte ich die Anzeige, dass ich nur noch 30 Kilometer Kapazität habe. Automatisch schaltet das Fahrzeug in den Eco-Modus um: das Radio wird leiser, die Bordbeleuchtung gedimmter, die Lüftung schwächer. In diesem Stromsparmodus komme ich zurück und fahre direkt die Ladestation an.

Praktisch: Aufladen und Einkaufen gleichzeitig

Am nächsten Morgen erledige ich die Besorgungen direkt bei dem Discounter, wo ich aufgeladen habe. Praktisch. Dann geht es weiter: Einkäufe fürs Wochenende, schnell noch ins Büro und gegen Mittag nach Neuss. Bei diesen Fahrten ist mein Verbrauch minimal. Zudem kann ich sicher sein, dass die nächste Ladestation nicht weit ist. Für die City-Fahrten ist das Auto ideal.

E-Autos alltagstauglich im Stadtverkehr

Mein Fazit: Die anfängliche Skepsis gegenüber E-Mobilen ist gewichen. Die Fahrzeuge sind alltagstauglich im Stadtverkehr. Längere Strecken würde ich jedoch nicht damit fahren. Dafür ist mir die Reichweite zu gering. Und diese stetige Auf-und-Ab-Anzeige – abhängig davon, ob ich Licht, Scheibenwischer, Radio, Navigation und/oder Lüftung nutze – nervt. Ich habe aber jetzt deutlich weniger Bedenken gegenüber den Stromern. Das Fahren macht Spaß, ist ruckelfrei und zügig. Als City-Cruiser würde ich sofort auf ein E-Mobil umsteigen. Doch ein Hindernis gibt es noch: Trotz Förderung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) ist das Auto in der Anschaffung noch zu teuer. Hier müssen die Autobauer ebenso dringend ran wie an die Ladekapazität. Sobald diese Hürden genommen sind, würde ich gerne umweltfreundlicher Auto fahren.

Ihre Bärbel Broer, freie Journalistin und Autorin des Stadtwerke-Magazins

Strom tanken in Neuss: Hier laden Sie auf!

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Wo E-Autos im Einsatz sind, kann die Ladesäule nicht weit sein. Die Stadtwerke Neuss betreiben seit 2011 zwei Ladesäulen mit vier Ladepunkten auf dem Firmengelände an der Moselstraße.

Die Ladesäulen sind frei zugänglich!
Wenn Sie also selbst einmal Strom tanken möchten, fahren Sie gerne bei den Stadtwerken vorbei.

Außerdem finden Sie auf der Collingstraße in Neuss bei innogy SE zwei weitere Ladepunkte.

Wie wäre es mit einer eigenen Ladesäule?

Über die bestehenden Ladesäulen hinaus bieten wir Gewerbetreibenden Unterstützung beim Aufbau einer eigenen Ladesäule.

Hier finden Sie Adressen und weitere Informationen: Ladesäulen Neuss

 

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